Geschäftsjahr 2020/21: “Wir haben in diesem Jahr enorm viel gelernt”
Staatlich verhängte Moratorien, geschlossene Gerichte und abgesagte Auktionen – auch das Inkasso-Geschäft wurde von der Corona-Pandemie hart getroffen. Ein Blick in die Zahlen des Geschäftsjahres 2020/21 zeigt, dass EOS dennoch gut durch die Krise gekommen ist. Was EOS so krisenfest macht und wie man nach diesem besonderen Jahr neue Chancen nutzen möchte, erzählt Justus Hecking-Veltman, CFO der EOS Gruppe, im Interview.
- Umsatz und Neugeschäft gingen bei EOS im Geschäftsjahr 2020/21 im Zuge der Corona-Krise leicht zurück.
- Dennoch blieb das Geschäftsmodell auch im Krisenjahr deutlich rentabel. Mit einer Eigenkapitalquote von über 35 Prozent konnte EOS sich zudem als krisenfester Partner beweisen.
- EOS hat auch im Geschäftsjahr 2020/21 wieder massiv in Forderungskäufe und die Weiterentwicklung von IT und Organisation investiert.
- Im NPL-Geschäft konnte abermals die Marke von einer halben Milliarde Euro geknackt werden. Investitionen in besicherte Forderungspakete machen mittlerweile 30 Prozent des Geschäfts aus.
Wie lief das Geschäftsjahr 2020/21? Was war positiv, was negativ?
JUSTUS HECKING-VELTMAN: Die Corona-Krise hat die ganze Welt getroffen – mit vielen persönlichen Schicksalen. Das gilt auch für uns und unsere Belegschaft. Neben den damit einhergehenden traurigen Nachrichten konnten wir den Arbeitsalltag schnell an die neue Situation anpassen und haben den Geschäftsbetrieb komplett auf remote umgestellt. Natürlich hatten auch wir krisenbedingt und als Folge der Moratorien sowie der hohen Unsicherheit in den Märkten deutlich weniger Neugeschäft und geringeren Umsatz. Indem wir jedoch auf der Kostenseite erfolgreich gegengesteuert haben, blieb der Ergebnisrückgang im Rahmen und das Unternehmen auch im Krisenjahr deutlich rentabel.
Was waren die größten Highlights oder Erfolge?
Zunächst war aus meiner Sicht die Umstellung der Gruppe auf Mobile Work ein großer Erfolg. Da haben unsere vielen Mitarbeitenden in den IT-Abteilungen einen außerordentlichen Job gemacht. Das hat der Digitalisierung einen enormen Schub gegeben. Die virtuelle Zusammenarbeit im Konzern hat uns als Organisation noch näher zusammengebracht. Und gerade in 2020 sind trotz der neuen Arbeitssituation an vielen Stellen operative Höchstleistungen erbracht worden, im Neugeschäft wie auch im laufenden operativen Betrieb! Das ist aus meiner Sicht das ganz Besondere an dem Erfolg. Es zeigt zum einen, dass wir eine großartige Mannschaft haben. Und zum anderen haben wir damit – wie schon in der Finanzkrise 2008/09 – erneut bewiesen, dass unser Unternehmen ein stabiler Partner und krisenfest ist.
Wie schon in der Finanzkrise 2008/09 haben wir erneut bewiesen, dass unser Unternehmen ein stabiler Partner und krisenfest ist.
Justus Hecking-Veltman, CFO der EOS Gruppe
Welche Auswirkungen hatte die Pandemie konkret auf das Geschäft und was kann EOS daraus lernen?
Wir haben als Organisation in diesem Jahr enorm viel gelernt! Gerade im operativen Betrieb waren wir mit vielfältigen Einschränkungen konfrontiert, die für das rückläufige Neugeschäft und spürbare Umsatzrückgänge verantwortlich waren. Um nur einige Gründe zu nennen: Gerichte wurden geschlossen, Auktionen abgesagt, physische Treffen beziehungsweise Besichtigungen erschwert, Reisen waren fast unmöglich. Hierauf haben wir schnell reagiert und uns rasch angepasst. So konnten wir beispielsweise unsere digitale Kommunikation und gruppenweite Zusammenarbeit weiter verbessern und viele Projekte erfolgreich meistern. Wenn es uns jetzt noch gelingt, das Gute aus der Zeit vor der Pandemie mit dem neu Gelernten zu verbinden, machen wir einen großen Sprung nach vorne, der sonst wahrscheinlich viel länger gedauert hätte.
Wie hat sich der Markt in den Ländern oder Regionen verändert?
Wir sind in Nordamerika und in Europa tätig. In den meisten der dortigen Länder wurde und wird der globalen Corona-Krise politisch mit einem gewaltigen finanziellen Kraftakt begegnet, unter anderem mit der Einführung von Moratorien. Letzteres bedeutet, dass Kreditnehmer, die ihre Kredite krisenbedingt nicht bedienen können, nicht in Zahlungsverzug geraten und die Kreditgeber ihnen auch während dieser Zeit nicht kündigen. Das hat finanzielle Konsequenzen für viele Menschen deutlich abgefedert und noch größere Schäden verhindert. Dadurch hat sich das Volumen an Non-performing Loans temporär jedoch verringert, was die Marktbedingungen und die Geschäftslage für uns klar erschwert hat.
Was waren die größten finanziellen Herausforderungen im vergangenen Jahr?
Finanziell betrachtet war vor allem das Frühjahr 2020 eine besondere Herausforderung. Niemand wusste, wie sich die Lage entwickelt. Es galt, die möglichen Auswirkungen der Krise durch Szenarien abzuschätzen und auf dieser Basis im Hinblick auf Ergebnissicherung die richtigen Investitionsentscheidungen zu treffen. Insbesondere dort, wo als Folge von Moratorien etc. Geschäft verloren gegangen ist, mussten die Organisation und Projekte an die neue Lage angepasst werden. Wir sind hier einige Zeit auf Sicht gefahren, haben also laufend kurzfristig nachgesteuert.
Welche Investitionen haben besonders zur strategischen Weiterentwicklung beigetragen?
Wesentlich waren für uns im vergangenen Geschäftsjahr aus meiner Sicht vor allem zwei Formen von Investitionen: Zum einen Investitionen in Forderungskäufe und zum anderen in IT und Weiterentwicklung der Organisation. Im Bereich der Forderungskäufe ist jede unterschriebene Transaktion das Ergebnis von viel sorgfältiger Bewertungs- und Vertragsarbeit. Auf jede einzelne Transaktion sind wir stolz – ich möchte hier keine besonders hervorheben. Insgesamt gilt es jedoch zu betonen, dass wir erneut über eine halbe Milliarde Euro investiert haben. Im Hinblick auf Risikostreuung war zudem erfreulich, dass wir die Diversifikation der Investments weiter erhöhen konnten – sowohl was die Länder als auch was die Produkte betrifft. Dazu hat insbesondere das Wachstum bei den besicherten Forderungen beigetragen. Das besicherte Geschäft macht inzwischen 30 Prozent unserer Assets under Management aus, die wir insgesamt weiter steigern konnten. Im Bereich der IT-Investitionen finden an vielen Stellen Umbauten der operativen Kernsysteme statt, mit denen wir zukünftig das operative Geschäft noch besser und digitaler steuern können. Hier haben wir im vergangenen Geschäftsjahr gute Fortschritte gemacht.
Die Lage in Europa und Nordamerika wird sich im Laufe des Jahres langsam beruhigen und wir werden die Krise nach und nach unter Kontrolle bekommen.
Justus Hecking-Veltman, CFO der EOS Gruppe
Wie hat sich die bislang sehr starke Kapitalbasis in diesem besonderen Jahr entwickelt?
Wir konnten die Assets under Management weiter steigern und das bei einer stabilen Kapitalstruktur und einer Eigenkapitalquote von über 35 Prozent. Wir sind Teil eines Familienunternehmens. Hier wird langfristig gedacht und nicht in Quartalen. Das gibt Stabilität und ist für das Management zugleich Verpflichtung für verlässliches und nachhaltiges Wirtschaften.
Und zum Abschluss: Was ist Ihre Prognose für das laufende Geschäftsjahr
Ich bin Optimist: Die Lage in Europa und Nordamerika wird sich im Laufe des Jahres langsam beruhigen und wir werden die Krise nach und nach unter Kontrolle bekommen. Nach dem rückläufigen Markt rechne ich insbesondere für 2022 wieder mit deutlichem Zuwachs im Neugeschäft. Darauf bereiten wir uns jedenfalls als Financial Investor vor. EOS als Organisation geht in jedem Fall auch durch neue Technologien gestärkt aus der Krise hervor: mit neuen Marktchancen, mit mehr digitalen Fähigkeiten, mit neuen Verwertungsstrategien, automatisierten Prozessen. All das verschafft uns die Chance, im Konzern künftig noch besser als bisher zusammenzuarbeiten und unser Wissen effizient auszutauschen. Auch unser Neugeschäft wird im Laufe des zweiten Halbjahres anziehen und EOS in Umsatz und Ergebnis klar zulegen. All das stimmt mich für uns, aber auch für die Branche insgesamt, durchweg positiv.
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