Künstliche Intelligenz macht Schule: Was schwache von starker KI unterscheidet.
Das Thema Künstliche Intelligenz (KI) erfährt nicht erst seit gestern einen regelrechten Hype. Vermeintlich jede App und jedes neue Elektrogerät haben sie heute integriert, jedes Unternehmen möchte sie für seine Zwecke nutzen. Wer genauer hinschaut, sieht, dass KI in den meisten Fällen noch in den Kinderschuhen steckt. EOS befasst sich momentan mit dem Übergang von schwacher zu starker KI. Aber was bedeutet das eigentlich?
Künstliche Intelligenz nimmt datengetriebenen Unternehmen viel Arbeit ab.
Selbstlernende Künstliche Intelligenzen sind außerdem in der Lage, basierend auf komplexen Datenstrukturen strategische Entscheidungen zu treffen.
EOS arbeitet derzeit an der Überführung ihrer Inkasso-KI, um künftig noch bessere Prognosen zu erhalten.
Nicht überall, wo KI draufsteht, steckt auch KI drin. Das weiß auch Dr. Malte Zuch, leitender Data Scientist des Center of Analytics (CoA) von EOS: „Künstliche Intelligenz ist mit einer ganzen Reihe von Marketing-Buzzwords belegt.“ Während bislang ein Großteil der Intelligenzen noch anhand von historischen Daten trainiert werden mussten, sieht er nun das Zeitalter der selbstständig lernenden Systeme gekommen. Aber der Reihe nach.
Von Wenn-dann-Systemen zu übermenschlichen Intelligenzen.
„Ganz grob lässt sich die Entwicklungsgeschichte der Künstlichen Intelligenz in drei Phasen unterteilen“, sagt Malte Zuch. Um die Jahrtausendwende nahm das Thema KI erstmals an Fahrt auf. „Oft handelte es sich jedoch streng genommen nicht um Künstliche Intelligenz, sondern hart kodierte, regelbasierte Systeme“, so Malte Zuch. Erst seit der zweiten Dekade, ab etwa 2010, kommen vermehrt Systeme zum Einsatz, die wir heute als KI bezeichnen. Sie sind in der Lage, komplexe Datensätze selbstständig zu klassifizieren oder daraus Werte abzuleiten. Sie werden im Vorfeld mit Übungsdatensätzen trainiert, weshalb man auch von Supervised Learning, also überwachtem Lernen spricht. Beispiele sind das dynamische Preissystem auf gängigen Reiseplattformen oder personalisierte Kaufempfehlungen in Onlineshops.
Nach Zuchs Darstellung endet in diesem Jahr die Dekade der „schwachen“ KI: „Die nächsten zehn Jahre gehören der sogenannten starken KI, die dem Menschen mit ihren Fähigkeiten weit überlegen ist. Ein Beispiel ist die Brustkrebserkennung: Hier erzielt Künstliche Intelligenz heute schon oftmals genauere Ergebnisse als erfahrene Ärzte.“ Reinforcement Learning ist der Schlüsselbegriff. Mit dieser Methode lernen Intelligenzen selbstständig, komplexe Daten zu verarbeiten und aus diesen strategische Entscheidungen abzuleiten. Eine Eigenschaft, die für Unternehmen, die tagtäglich Daten verarbeiten, sehr wertvoll sein kann.
KI betritt neues Zeitalter – und EOS zieht mit.
„Unsere Vision ist es, ein technologiegetriebener Finanzinvestor zu werden“, erklärt Malte Zuch. Schon in der Vergangenheit beteiligte er sich an der Entwicklung des Inkasso-Systems FX. Es soll die Mitarbeiter in der Sachbearbeitung unterstützen, indem es den strategisch erfolgversprechendsten Weg findet, die jeweilige Person zu kontaktieren. Weitere Anwendungen sind bereits in Planung.
Der Forschungsschwerpunkt von Zuchs Team liegt dabei auf dem Übergang von schwacher zu starker Künstlicher Intelligenz. Der Lernprozess einer solchen KI ist vergleichbar mit dem eines Kindes. Zu Beginn weiß sie praktisch nichts.
Alles, was sie kennt, ist ihre Umgebung. Das können in der Realität gesetzliche Rahmen oder die Grenzen des eigenen Unternehmens sein, in der sich die KI bewegen darf. Ansonsten befolgt sie keinerlei Regeln, sondern entscheidet ausschließlich auf Basis des selbst angeeigneten Wissensschatzes. Durch pausenloses Ausprobieren sammelt sie nach der Methode Trial and Error zunächst Erfahrungen. Sie ist in der Lage gute von schlechten Erfahrungen zu unterscheiden und merkt sich jeden einzelnen Versuch, der zu diesen geführt hat. Am Anfang mag das Programm noch recht unbeholfen wirken. Mit jedem Testlauf wird seine Ausführung jedoch präziser und zielstrebiger, bis am Ende eine übermenschliche Intelligenz entsteht, die in der Lage ist, selbstständig selbst in den komplexesten Situationen die richtige strategische Entscheidung zu treffen.
Neue Wege gehen, Bewährtes hinterfragen.
Wie effizient so eine Software im Vergleich zu ihren regelbasierten historischen Vorgängern arbeiten kann, haben Malte Zuch und sein Team in einem Demospiel veranschaulicht. Abgebildet ist ein Spielfeld, welches die Geschäftswelt von EOS darstellt. Gelbe Felder markieren die Forderungen, von denen die KI, das schwarze Quadrat, innerhalb von 100 Schritten so viele wie möglich realisieren soll. Die Problemstellung sieht auf den ersten Blick trivial aus – die Herausforderung ist jedoch, dass die Künstliche Intelligenz ohne jegliches Vorwissen in einer zufällig generierten Umgebung selbstständig „das Überleben“ lernen muss. Nach knapp einer Nacht im Training ist sie bereits in der Lage, mehr als zwei Drittel der Forderungen erfolgreich anzusteuern.
Hierbei handelt es sich natürlich nur um einen stark vereinfachten Prototyp. Er zeigt jedoch eindrucksvoll, wozu KI in der Lage ist, wenn man sie mit keinen Gewohnheiten oder Vorerfahrungen „vorbelastet“, sondern Raum zum Ausprobieren gibt. Ein prominentes Beispiel dieser Technologie ist das zu Google gehördende Unternehmen DeepMind entwickelte Computerprogramm AlphaGo. Es brachte sich nicht nur selbst das hochkomplexe Brettspiel Go bei, sondern war auch schnell in der Lage, es mit den besten Spielern der Welt aufzunehmen. Durch das vorherige Ausprobieren etlicher Spielzüge überraschte es mit Strategien, die selbst alteingesessene Go-Spieler noch nie zuvor gesehen haben. „Beeindruckend“, findet auch Malte Zuch, „scheint, dass nur durch Hinterfragen von Regeln Innovation entsteht.“ Eine Eigenschaft, die für die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz unabdingbar ist.
Photo credits: Getty Images / E+, EOS
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